Bild: Leo Michels |
Das Heidekraut gehört zur Familie der Heidekrautgewächse.
Man nennt es auch Erika, Blutglöckchen, Besenheide, Brandheide, Brauttreue. Die Blütezeit ist von Juni bis Oktober.
Dem Heidekraut wird als Heilwirkung zugeschrieben: es soll harntreibend, blutreinigend, desinfizierend, stoffwechelfördernd, entzündungshemmend, schmerzstillend, beruhigend und herzstärkend wirken.
In der Symbolik bedeutet Heidekraut Tod, Kargheit, Leere, Trauer, Verdammnis.
Die Blumensprache sagt: "Ich liebe die Einsamkeit."
Oder: "Besuche mich in meiner Einsamkeit."
Charlotte de Latour über das Heidekraut
Haidekraut. Einsamkeit.
Bild: Leo Michels |
Von der Schwermuth geleitet, will ich meine Schritte nach jenem entlegenen Orte richten, den das unbeachtete Haidekraut, die Einsamkeit liebend, dem Fleiße des Menschen streitig macht. Hier, ruhend unter den Schatten eines kleinen Gesträuchs, will ich mich ernsten Betrachtungen überlassen, und bald werden von allen Seiten Unglückliche, Leidende, Gebeugte, wie ich, mich umgeben.
Das Rebhuhn, seiner jungen Brut beraubt, aus seinem Gebüsche verscheucht; die Hündin, verfolgt von Hunden, der Haase, aufgescheucht von ihrem Gebelle, und das scheue Kaninchen, das anfänglich vor meinem Anblick zurückschaudern wird. Bald werden sie aber alle mit mir und meinen Thränen vertraut seyn, sie werden sich an meinen Anblick gewöhnen und vielleicht zu meinen Füßen Schutz vor den Verfolgungen der Menschen suchen!
Auch Ihr umschwärmet mich, arbeitsame Bienen! Wenn ich einen Zweig des Haidekrautes in meinem einsamen Gebiete pflücke, so kommt ihr wohl gar summend zu meiner Hand, um den Honig dort einzusaugen, den ihr einsammelt. Ach! nicht für Euch selbst, nur für Andre! Und ihr, muntern Haselhühner, mit den kreischenden Stimmen! Ihr werdet für mich und Euch die Zeit messen, die dahin flieht, und in dieser Oede keine Spur, aber auch keine Reue zurückläßt.
Süße Tauben, zärtliche Nachtigallen! Euer Girren und Eure Seufzer sind für die Wohlgerüche duftenden Lustwälder gemacht. Aber ich werde mich nicht mehr in ihren Schatten freundlichen Träumen überlassen. Die rauhe Stimme des Bewohners dieser Wüste macht mich schüchtern und erstarren. Für mich hat sie einen geheimen Reiz. Bei'm ersten Strahl des Mondes wird diese traurige Stimme durch die Luft tönen. Der König dieser Einsamkeit, der Uhu, wird den hohlen Stamm einer Jahrhundert alten Eiche verlassen, und sich auf einen Zweig schwingen, der seinen Thron von Moos verbirgt; seine Stimme erschreckt die furchtsame Geliebte, die ängstlich die Stunden der Abwesenheit zählt; die Mutter, wachend am Bette ihres einzigen Kindes, das im Fieberschauer liegt, erfüllt sie mit schrecklichen Ahnungen; aber sie tröstet auch den Unglücklichen, dem Alles, was ihm hienieden lieb und theuer war, das finstre Grab verschlungen hat. —
Oft erweckten Dich, schwermüthiger Young! dieser schauervollen Töne, um Dich an Tod und Unsterblichkeit zu erinnern; oft weckten sie auch mich, und wenn sie mich auch nicht, wie Dich, zu erhabenen Gesängen begeistern, so erinnern sie mich doch an die Nichtigkeit der gehaltlosen Freuden einer verderbten Welt und flößen mir Liebe zur Einsamkeit ein.
Im milden bunten Weltgewühle,
Das unbefriedigt nur zerstreut, erschlafft
Zur Uebung ernster Pflicht die Kraft,
Ersterben all' die besseren Gefühle
Mir Ruhe, fromme Häuslichkeit;
Nur, von der großen Welt geschieden,
Fern von Verfolgung, Haß und Neid,
Erlangt das stürm'sche Herz den Frieden,
Wo ein Asyl dem Lebensmilden,
Die Freundschaft und die Liebe beut.
Gedichte
Sommer
Hermann Löns (1866-1914)
Über die Heide ziehen SpinnewebenVon Halm zu Halm ihr silberweißes Tuch,
Am Himmelsrande weiße Wölkchen schweben
Und weißes Wollgras wimpelt überm Bruch.
Es glüht die Luft wie ein Maschinenofen,
Kein Menschenleben regt sich weit und breit,
Der Baumpieper nur schmettert seine Strophen
Und hoch im Blau der Mäusebussard schreit.
In rosa Heidekraut den Leib ich strecke,
Das Taschentuch ich auf die Augen breit',
Weit von mir ich die schlaffen Glieder recke
Und dehne mich in süßer Müdigkeit.
O Grabesschlaf, wollüstiges Genießen!
Wenn dieser müde Menschenleib verwest,
Wenn die Atome auseinanderfließen
Und Glied an Glied sich reckend, dehnend löst.
Im Heidekraut
Heinrich Gassert, 1905
Aus der Sammlung Heimatstrauß
Wenn wir Kinder Ziegen hütendDroben auf dem Hügelhang
Tief im braunen Heidkraut lagen,
War bald ein Gespräch im Gang.
"Über uns, dort wo die Tannen
Rings um alte Steine steh'n,
Sahen längst verstorb‘ne Leute
Geister um den Hügel geh'n."
"Stand vor vielen, vielen Jahren
Hier einmal ein altes Schloß.
Mitternachts zur Geisterstunde
Wiehert oft dort noch ein Roß."
"Auch ein Schatz liegt da begraben,
Neulich suchten sie darnach.
Bis Schlag Zwölfe aus dem Boden
Zischend eine Flamme brach."
"Einmal saß ich selbst dort oben,
Auf den Resten eines Walls.
Plötzlich stand ein Reh daneben,
Hergezaubert jedenfalls."
"Ja, und unsre alte Kirche
Noch aus Klosterzeiten stammt.
Bis auf heut' zwei Klosterfrauen
Sind zum Geistern dort verdammt."
"Habe selbst sie klagen hören
Manche Nacht gar schauderbar
Drüben auf dem Kirchendache,
Wenn's nicht eine Eule war.
"Dann dort unten, wißt's ja alle,
Wo ein Pfahl der Stadt zuweist,
Läuft ein Feldweg schnurgerade,
Den man noch den Rempart heißt."
"Rempart heißt auf gut französisch
Wallgang: und das kommt daher,
Weil man dort vor den Franzosen
Sich verschanzte kreuz und quer."
"Sollen dort begraben liegen
Viel Soldaten. Oft genug
Kommt man noch auf alte Knochen
Jedes Frühjahr mit dem Pflug."
"Als ich kurz erst meinem Paten
Pflügen half am selben Ort,
Bin ich selbst auf was getreten,
Arm' und Beine lagen dort."
"Ho, hoiho, das ist gelogen!"
Scholl's da aus der kleinen Schar.
"Immer wenn du was gesehen,
Ist die Hälfte dran nicht wahr!"
Und da ward ich denn gehauen,
Doch im Scherz nur und zum Spaß.
Denn beim nächsten Haidkrautliegen
Hieß es doch: "Erzähl' uns was!"
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