Die Rosen von Louise Cortambert alias Charlotte de Latour
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Seht, wie sie sich im Frühling sanft aus ihren zierlichen Blättern erhebt, umringt von zahlreichen Knospen. Die Königin der Blumen kost mit dem sanften Zephyr, der sie umgaukelt. Sie schmückt sich mit dem Thau, der sie bedeckt, sie lächelt der Sonne, deren Strahlen sich ihr Kelch entschließt. Die Natur hat sich gleichsam erschöpft, um sie mit dieser wunderbaren Frische, diesem Farbenglanz, Wohlgeruch und anmuthigen Zauberreiz zu schmücken. Die Rose verschönert das weite Erdenrund, sie blüht in allen Zonen. An den Tage, wo sich alle ihre Schönheit in der ganzen Fülle ihrer Pracht, entfaltet, welkt sie aber auch schon; doch in jedem wiederkehrenden Lenz erblüht sie neu in frischer Anmuth.
Rosen von Vargemont Gemälde von Pierre-Auguste Renoir 1882 |
Huldigungen dargebracht, und schon ihr Name ist eine Zierde ihrer Werke. Die Rose, ein Bild jedes Alters, ein Dolmetscher aller unsrer Gefühle, fehlt bei keinem Feste, sie theilt unsere Freuden und unsere Leiden. Die liebenswürdige Heiterkeit bekränzt sich mit ihr; die keusche Verschämtheit leiht von ihr das zarte Inkarnat, das die Schönheit noch unwiderstehlicher macht; man reicht sie der Tugend zum Preise: sie ist das Bild der Jugend, der Unschuld und des Frohsinns. Sie ist die Blume der Liebesgöttin, und im Wettstreit mit der Schönheit, besitzt sie, wie jene, diese Anmuth, die noch schöner ist, als Schönheit selbst.
Anakreon, der Sänger der Liebe, hat die Rose besungen, und um sie würdig zu feiern, mögen hier seine beiden Lieder, zu ihrem Lobe, stehen.
Laßt uns Rosenknospen binden
In den dunkeln Rebenkranz;
Rosen um die Schläfe winden
In dem schonen Blüthenglanz!
Rosen blüh'n auf holden Lippen,
Blilhen in der Wangen Gluth;
Darum laßt uns fröhlich nippen,
Ha! der Wein giebt Uebermuth.
Rosen sind des Frühlings Pflege,
Eine Pracht Im Blumenfeld;
Rosen sind ein Lustgeheg
In der hohen Götterwelt.
Rosen in den Lockenringeln,
Tanzt auf munterm Lustgebot,
Wenn die Grazien ihn umzingeln,
Selbst der kleine Liebesgott.
Auch ich schick" mi«Ich an zum Tanze,
Rühre schon mein Saitenspiel;
Rosen wehen in dem Kranze
Duftend um die Stirne kühl.
Bald, bei süßem Kußgeflüster,
Aus dem Busen voll und warm,
In der Rebenlaube düster
Schweb' ich selig Arm in Arm!
2
Der bekränzte Frühling naht!
Rosen blüh'n auf Thal und Höhen,
Und so manches Rosenblatt
Sehen wir am Hügel stehen;
Drum entfalte dich, mein Lied,
Gleich dem Knöspchen, das erblüht.
Rosen sind ein Götterhauch,
Sind des Sterblichen Entzücken;
Ja, die Grazien sollen auch
Rosen nur zum Sträußchen pflücken,
Wählen Liebende zum Raum
Sich den blüthenreichsten Baum.
Einen schönen Rosenzwelg
Trägt bedeutungsvoll die Liebe;
Wenn die Rose als Vergleich
In den Dichtungen nicht bliebe.
Ach! wie stünd's um euren Ruhm,
Sänger aus dem Alterthum!
Rose, süßes Dichterblatt.
Süß, wer Dich im Dornenflechte.
Lüstern angerühret hat;
Süß, wer mit verletzter Rechte
Aus dem Kelch, wo Wollust blinkt,
Deinen Balsamathem trinkt.
Rosen schimmern allzumal,
Auf dem hohen Gastgepränge,
Und am kleinen Bundesmal;
Wenn dem Weingott Hochgesänge
Der bekränzte Dichter weiht,
Werden Rosen hingestreut!
Überall herrscht Rosengluth:
Rosig ist die Morgenröthe,
Rosig stürmt das junge Blut,
Wenn die ferne Hirtenflöte
Sehnsuchtsvoll hinüberschallt,
Wo die stille Unschuld wallt.
Siechen giebt sie — Lebenskraft
Sterbenden die letzte Freude;
Selbst im Grab dringt Rosensaft
Aus des Todten Sterbekleide. —
Schon verwelkt im Trauerhaus,
Strömet Wohlgeruch heraus.
Lieblich wehet noch Ihr Hauch
Durch die eingeschrumpften Blätter,
Am bemoosten Rosenstrauch;
Unvergänglich wie die Götter,
Ohne eines Alters Spur —
Ist sie göttlicher Natur.
Als einst an das Uferland
Venus trat, und sich dem Schooße
Blauer Wogen nun entwand,
In dem stürmenden Getose
Träufelnd von des Meeres Thau,
An dem schönsten Gliederbau; —
Als Athene hoch und hehr,
Jüngst geboren, war schauen
Im Olymp, mit Schwert und Speer
Ganz gewappnet und voll Grauen;
Ja, in jener seelgen Zeit
Voller Kraft und Fruchtbarkeit;
Da erwuchs das Rosenreis,
und dem Knöspchen sprang die Hülle,
Mutter Erd' ! auf dein Geheiß,
Und mit schöngewundner Fülle,
Blätterte das Blümchen sich
Langsam auf und minniglich.
Und der seel'gen Götter Schaar
Sprengte Nektar auf die Blüthe,
Bis sie sanft geröthet war.
Dornen sind an dieser Blüthe
Irdisch nur, den Himmelshauch
Gaben Götter diesem Strauch.
Berlin 1806, bei Heinrich Fröhlich.
Anm.: Anakreon lebte um 550 vor Chistus.
Die ursprüngliche Schreibweise wurde beibehalten
Mehr über die Blumensprache der Rose finden sie im Wörterbuch der Blumensprache von Charlotte de Latour und in einer Liste der Blumensprache von J.M. Braun.
Rose (gelbe) ----- Wenn du noch keinen Anbeter hast, so sey nicht neidisch auf die glücklicheren.
Rose (rothe), Centifolie ----- Ich kenne nichts herrlicheres, als deinen Besitz. Entscheide über mein Glück.
Rose (weiße) ----- Bald werde ich das Opfer meiner hoffnungslosen Liebe werden.
Rose (Monats-) ------ Soll meine Sehnsucht mich verzehren?
Rose (entblätterte) ------ Du hast mich unglücklich gemacht.
Rose (einfache, eglanteria) ------ Deine Liebe hat keine edlen Triebfedern.
Rosenblatt (rothes). ----- Ja.
Rosen blatt (weißes) ----- Nein.
Rosenknospe (rothe) ----- Bisher war Liebe meinem Herzen fremd, erst jetzt ahne ich ihr Glück.
Rosenknospe (weiße) ----- Noch bist du rein, wache über deine Neigungen.
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