Donnerstag, 14. Februar 2013

Der Blumengärtner - Gedicht von Schnerr

Der Blumengärtner 

Herein! Herein! Ich ruf euch Allen,
Euch Allen, die ihr Blumen liebt;
Von tausend Arten, die es gibt,
Hab' ich, sie werden euch gefallen. .
Ihr müßt euch, wollt ihr glücklich seyn,
Des Lebens Pfad mit Blumen streu'n.

Ihr Schönen, in des Lebens Lenze,
Die ihr euch eurer Jugend freut,
Nehmt, was der Blumengärtner beut,
Die frisch gewundnen Rosenkränze,
Und tanzt mit ungetrübtem Sinn
Durchs rosenfarbne Alter hin.


Für jeden einen Strauß zu binden,
Wie er sich ihn nur wünschen kann,
Dazu bin ich der rechte Mann,
Ihr werdet keinen bessern finden;
Und wollt ihr keinen ganzen Strauß,
So sucht euch nur ein Blümchen aus.

Sobald der junge Tag sich röthet.
Sobald nach labend kühler Nacht,
Der holden Sänger Chor erwacht,
Das unter Blumenzweigen flötet;
Bis zu der Abendröthe Schein
Verkauf ich Blumen groß und klein.

Die Tulpe weih' ich der Kokette,
Den Scheidenden Vergißmeinnicht;
Der Stolzen, die gern Körbchen flicht,
Die halbverwelkte Blumenkette;
Die zarte Lilie, mit Lust
Der Unschuld unentwegten Brust.

Mein Reichthum ist mein kleiner Garten,
Da gieß und pflanz' ich spät und früh;
Es scheut der Gärtner keine Müh'
Der Erde schönsten Schmuck zu warten.
Drum, wollt ihr euch des Lebens freu'n,
So kauft von meinen Blümchen ein.

Dem Helden biet' ich Lorbeerzweige,
Und Veilchen der Bescheidenbeit;
Der deutschen Treu und Redlichkeit
Vom Laub der alten heil'gen Eiche;
Dem Phlegma einen Kranz, von Mohn,
Und Niesewurz dem Musensohn.

Dem Freund des Epheus grün Gewinde,
Ein Myrtenkränzchen für die Braut;
Hier hab ich Tausendgüldenkraut,
Dem Geizigen zum Angebinde,
Dem Höfling, dem geschmeidgen Herrn,
Der Sonnenblume goldnen Stern.

Auch sieht man für galante Männer,
Die gerne sich im Spiegel sehn
Hier schmachtende Narzissen stehn.
Jedoch ich bin kein großer Kenner,
Von dem Geschmack der feinen Welt;
Drum wählet selbst, was euch gefällt.

Levkoi, Violen, Ritterspornen,
Aurikeln, Nelken und Jasmin,
Ich gebe alles billig hin!
Doch dieses Röschen ohne Dornen,
Dies, wenn man mirs nicht übel nimmt,
Ist für mein Mädchen nur bestimmt.

Schnerr, Johann Jakob (1788 - 1860, Buchbinder; Lehrer; Dichter)

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