Sonntag, 17. Februar 2013

Erdbeere Walderdbeere

Die Erdbeere gehört zur Familie der Rosengewächse. Sie blüht von April bis Juli, manches Mal bis in den Herbst.

In der Symbolik bedeutet die Erdbeere Frucht guter Werke und Gedanken, Wonnen des Seelenheils, Gutmütigkeit, aber auch irdische Verlockung und Verdammnis, Demut, Bescheidenheit, Reife und Frühreife.

Die Blumensprache sagt: "Du bist mir zu unreif".
Aus anderer Quelle:
Erdbeere (Frucht): Ich bitte um einen Kuss von deinen roten Lippen
Erdbeerblüte: Es gibt eine Neuigkeit

Walderdbeere Blüte
Bild: Leo Michels

Die Walderdbeere 


Die gemeine, wilde oder Walderdbeere hat eine braune Wurzel, die sehr faserig ist und lange fädige nackte Ausläufer treibt, die an einzelnen Stellen Wurzeln schlagen und Oberstöcke treiben, also neue Pflanzen hervorbringen. Die Blätter sind 3  bis 6-zählig, mit eirunden stumpfen, gesägten ungestielten Blättchen, die oben mit zerstreuten anliegenden Haaren besetzt, unterseits aber fast ganz seidig und graugrün sind.

Walderdbeere Frucht
Bild: Leo Michels


Die Walderdbeere gedeiht auf lichten Wald- und Grasplätzen, bei sonniger Lage und fettem Boden in Europa und dem nördlichen Asien. Der Genuss der Früchte  ist gesund und vorzüglich den Bodagristen (an Gicht Erkrankten) und am Stein leidenden zu empfehlen, aber man muss sie frisch oder mit Wein genießen. Sie sollen den Weinstein an den Zähnen lösen und geben einen guten Essig, Wein und Branntwein.


Gedichte

Die Erdbeere

Bei heißen Sonnenbränden,
Du Beere, duftig, roth,
Mit nimmermüden Händen
Pflückt dich das Kind der Noth.

Es sieht die Fülle prangen
Und unterdrückt dabei
Das eigene Verlangen,
Wie mächtig es auch sei.

Gehäuften Topf und Teller
Trägt es zum Händler dann;
Der geizt noch mit dem Heller –
Er ist ein kluger Mann.

Doch nicht bei seines Gleichen
Vollendet sich der Kreis:
Erst auf dem Tisch des Reichen,
Der zu bezahlen weiß.

So wird zur Menschenhabe
Und dient dem Wucher nur
Selbst deine frei'ste Gabe,
O liebende Natur!

Ferdinand von Saar

Drachenwurz - Calla

Drachenwurz -Calla - Kalla

Als ein Zeichen für Unsterblichkeit wird die Calla häufig in Trauergebinden verwandet. Wegen ihrer weißen Farbe galt bzw. gilt sie teilweise heute häufig noch als Totenblume.

Foto: Eka
In Blumengebinden allerdings, auch gemeinsam mit anderen Blumen zusammen, wirkt sie edel und elegant. Als Geschenk überreicht ist die Drachenwurz Symbol für Schönheit und Anerkennung.

Die Blumensprache sagt: "Ich bewundere dich von fern, doch wag' ich's nicht, dir zu nahen."

Aber auch als Heilpflanze war die Drachenwurz bzw. Calla bekannt. Ob die in nachfolgendem Auszug beschriebene Heilwirkung heute noch von Bedeutung ist, kann ich leider nicht beurteilen.

Die Drachenwurz ist zweierlei, groß und klein.

Die große Drachenwurz hat Blätter, welche auf der Seite einwärts gebogen sind und einen zwei Ellen hohen Stengel, gerad, glatt und ziemlich dick, scheckich und mit schwarzen Makeln besprengt wie eine Schlange, hat eine große, runde Weiße Wurzel mit mit einer dünnen Haut umgeben.

Die kleine Drachenwurz hat auch einen glatten, hohen starken Stengel mit rothen Tüpflein besprengt wie eine Schlange: die Blätter sind je eines an einem Stiel, rund wie Epheu, aber so tief gespalten, daß eine jede Spalte ein besonderes langes Blatt bildet: oben auf dem Stengel erscheint eine Hülse oder Scheide. Wenn diese sich öffnet, kommt ein Kölblein hervor, um welches sich der Samen wie die Beere um eine Traube bildet, zuerst grasgrün, später safrangelb. Es wächst gern bei den Zäunen und an schattigen Orten: man zieht es auch in den Gärten. Drachenwurz ist warm und trocken im zweiten Grad. Das Pulver der Drachenwurz mit Honig vermischt und eingestrichen, heilt und säubert die bösen um sich fressenden Geschwüre: in die Fisteln gebracht, heilt es dieselben. Die grünen Blätter, auf frische Wunden gelegt, heilen solche, aber wenn sie dürr sind, schaden sie wegen ihrer Schärfe.

Ein wollenes Zöpflein in dem Saft dieses Krautes genetzt und in die Nase gethan, heilt die inwendige Geschwulst, polypus genannt, und wehrt dem Krebs. Den Samen dieser Wurzel gestoßen und ein halb Quintlein in weißem Wein eingenommen, bringt die versteckte monatliche Reinigung. Schwangere sollen weder an der Wurzel noch an dem Kraut riechen, denn es ist ihnen höchst schädlich. Das aus den Blättern destillierte Wasser zu 6 Loth in einem Quintlein guten Theriak genommen, treibt den Schweiß gewaltig und leistet auf diese Weise gegen die Pestilenz ausgezeichnete Hilfe, wie solche Dr. Durantes beschreibt, und werde dieses Mittel von den Engländern in Zeiten der Pest viel gebraucht. 

Auszug aus: Populäre Pflanzenkunde und Hausapotheke Christian Birkmeyer aus dem Jahr 1868 (alte Schreibweise wurde beibehalten).

Samstag, 16. Februar 2013

Die Rosen

Die Rosen von Louise Cortambert alias Charlotte de Latour

Foto: pixabay 
Nur wem die Natur die Gabe der Dichtkunst ganz versagte, hat nicht das Lob der Rose gesungen? Die Dichter haben ihre Schönheiten nie zu hoch erhoben, noch ihren ganzen Liebreiz in ihren Gesängen erschöpft. Mit Recht haben sie die Rose eine Tochter des Himmels, den Schmuck der Erde, die Glorie des Frühlings genannt; aber welche Sprache vermag es, alle die Reize dieser schönen Blume, ihre wollustathmende Zartheit, ihre göttliche Anmuth zu schildern? Wie soll man die Fülle ihrer sanften Wölbung, die liebliche Mischung ihrer Farben und die sanften Übergänge darin, den süßen Geruch, den sie aushaucht, beschreiben?


Seht, wie sie sich im Frühling sanft aus ihren zierlichen Blättern erhebt, umringt von zahlreichen Knospen. Die Königin der Blumen kost mit dem sanften Zephyr, der sie umgaukelt. Sie schmückt sich mit dem Thau, der sie bedeckt, sie lächelt der Sonne,  deren Strahlen sich ihr Kelch entschließt. Die Natur hat sich gleichsam erschöpft, um sie mit dieser wunderbaren Frische, diesem Farbenglanz, Wohlgeruch und anmuthigen Zauberreiz zu schmücken. Die Rose verschönert das weite Erdenrund, sie blüht in allen Zonen. An den Tage, wo sich alle ihre Schönheit in der ganzen Fülle ihrer Pracht, entfaltet, welkt sie aber auch schon; doch in jedem wiederkehrenden Lenz erblüht sie neu in frischer Anmuth.

Rosen von Vargemont
Gemälde von Pierre-Auguste Renoir 1882
Die Dichter haben ihr in allen Sprachen, durch Lobgesänge,
Huldigungen dargebracht, und schon ihr Name ist eine Zierde ihrer Werke. Die Rose, ein Bild jedes Alters, ein Dolmetscher aller unsrer Gefühle, fehlt bei keinem Feste, sie theilt unsere Freuden und unsere Leiden. Die liebenswürdige Heiterkeit bekränzt sich mit ihr; die keusche Verschämtheit leiht von ihr das zarte Inkarnat, das die Schönheit noch unwiderstehlicher macht; man reicht sie der Tugend zum Preise: sie ist das Bild der Jugend, der Unschuld und des Frohsinns. Sie ist die Blume der Liebesgöttin, und im Wettstreit mit der Schönheit, besitzt sie, wie jene, diese Anmuth, die noch schöner ist, als Schönheit selbst.

Anakreon, der Sänger der Liebe, hat die Rose besungen, und um sie würdig zu feiern, mögen hier seine beiden Lieder, zu ihrem Lobe, stehen.

gartengruen-24.de

 1

Laßt uns Rosenknospen binden
In den dunkeln Rebenkranz;
Rosen um die Schläfe winden
In dem schonen Blüthenglanz!

Rosen blüh'n auf holden Lippen,
Blilhen in der Wangen Gluth;
Darum laßt uns fröhlich nippen,
Ha! der Wein giebt Uebermuth.

Rosen sind des Frühlings Pflege,
Eine Pracht Im Blumenfeld;
Rosen sind ein Lustgeheg
In der hohen Götterwelt.

Rosen in den Lockenringeln,
Tanzt auf munterm Lustgebot,
Wenn die Grazien ihn umzingeln,
Selbst der kleine Liebesgott.

Auch ich schick" mi«Ich an zum Tanze,
Rühre schon mein Saitenspiel;
Rosen wehen in dem Kranze
Duftend um die Stirne kühl.

Bald, bei süßem Kußgeflüster,
Aus dem Busen voll und warm,
In der Rebenlaube düster
Schweb' ich selig Arm in Arm!

2

Der bekränzte Frühling naht!
Rosen blüh'n auf Thal und Höhen,
Und so manches Rosenblatt
Sehen wir am Hügel stehen;
Drum entfalte dich, mein Lied,
Gleich dem Knöspchen, das erblüht.

Rosen sind ein Götterhauch,
Sind des Sterblichen Entzücken;
Ja, die Grazien sollen auch
Rosen nur zum Sträußchen pflücken,
Wählen Liebende zum Raum
Sich den blüthenreichsten Baum.

Einen schönen Rosenzwelg
Trägt bedeutungsvoll die Liebe;
Wenn die Rose als Vergleich
In den Dichtungen nicht bliebe.
Ach! wie stünd's um euren Ruhm,
Sänger aus dem Alterthum!

Rose, süßes Dichterblatt.
Süß, wer Dich im Dornenflechte.
Lüstern angerühret hat;
Süß, wer mit verletzter Rechte
Aus dem Kelch, wo Wollust blinkt,
Deinen Balsamathem trinkt.

Rosen schimmern allzumal,
Auf dem hohen Gastgepränge,
Und am kleinen Bundesmal;
Wenn dem Weingott Hochgesänge
Der bekränzte Dichter weiht,
Werden Rosen hingestreut!

Überall herrscht Rosengluth:
Rosig ist die Morgenröthe,
Rosig stürmt das junge Blut,
Wenn die ferne Hirtenflöte
Sehnsuchtsvoll hinüberschallt,
Wo die stille Unschuld wallt.

Siechen giebt sie — Lebenskraft
Sterbenden die letzte Freude;
Selbst im Grab dringt Rosensaft
Aus des Todten Sterbekleide. —
Schon verwelkt im Trauerhaus,
Strömet Wohlgeruch heraus.

Lieblich wehet noch Ihr Hauch
Durch die eingeschrumpften Blätter,
Am bemoosten Rosenstrauch;
Unvergänglich wie die Götter,
Ohne eines Alters Spur —
 Ist sie göttlicher Natur.

Als einst an das Uferland
Venus trat, und sich dem Schooße
Blauer Wogen nun entwand,
In dem stürmenden Getose
Träufelnd von des Meeres Thau,
An dem schönsten Gliederbau; —

Als Athene hoch und hehr,
Jüngst geboren, war schauen
Im Olymp, mit Schwert und Speer
Ganz gewappnet und voll Grauen;
Ja, in jener seelgen Zeit
Voller Kraft und Fruchtbarkeit;

Da erwuchs das Rosenreis,
und dem Knöspchen sprang die Hülle,
Mutter Erd' ! auf dein Geheiß,
Und mit schöngewundner Fülle,
Blätterte das Blümchen sich
Langsam auf und minniglich.

Und der seel'gen Götter Schaar
Sprengte Nektar auf die Blüthe,
Bis sie sanft geröthet war.
Dornen sind an dieser Blüthe
Irdisch nur, den Himmelshauch
Gaben Götter diesem Strauch.

M. F. Anakreon, mit Erläuterungen aus Friedrich Chrtstoph Broße.
Berlin 1806, bei Heinrich Fröhlich.
Anm.: Anakreon lebte um 550 vor Chistus.
          Die ursprüngliche Schreibweise wurde beibehalten

Mehr über die Blumensprache der Rose finden sie im Wörterbuch der Blumensprache von Charlotte de Latour und in einer Liste der Blumensprache von J.M. Braun.


Rose (gelbe) ----- Wenn du noch keinen Anbeter hast, so sey nicht neidisch auf die glücklicheren.
Rose (rothe), Centifolie ----- Ich kenne nichts herrlicheres, als deinen Besitz. Entscheide über mein Glück.
Rose (weiße) ----- Bald werde ich das Opfer meiner hoffnungslosen Liebe werden.
Rose (Monats-) ------ Soll meine Sehnsucht mich verzehren?
Rose (entblätterte) ------ Du hast mich unglücklich gemacht.
Rose (einfache, eglanteria) ------  Deine Liebe hat keine edlen Triebfedern.
Rosenblatt (rothes). ----- Ja.
Rosen blatt (weißes) ----- Nein.
Rosenknospe (rothe) ----- Bisher war Liebe meinem Herzen fremd, erst jetzt ahne ich ihr Glück.
Rosenknospe (weiße) ----- Noch bist du rein, wache über deine Neigungen.

Zum Schluss noch ein uraltes Rezept 

(Alte Schreib- und Ausdrucksweise wurde teilweise übernommen)

Rosen - Essig. 

Zwei starke Hände voll wohl verlesene Blätter von den gewöhnlichen roten Rosen, einige Pfefferkörner und ganze Gewürznelken, etliche Stängel Zimt und etwas ganze Muskatblüte gibt man zusammen in ein Glas, gießt eine Maaß guten Weinessig darüber, setzt es an die Sonne und lässt es endlich stehen. Auf diese Weise wird der Essig recht. Wenn das Gewürz nicht anständig ist. kann man ihn auch ohne Gewürz machen.


Freitag, 15. Februar 2013

Mistel

Mistel Blüte - Bild Leo Michels
Die Mistel steht als Symbol für Wintersonnenwende, Vegetationssegen, Fruchtbarkeit und Wachstum, Glücksbringer, Unterweltsöffner.

Sie gehört zu den Loranthaceaen.

Andere Namen: Marentaken, Mardistel, Alpranke, Hexenbesen, Affolter, Gespensterrute, Trudenfuß, Wintergrün.

Die Blütezeit ist von Februar bis Mai.

Als  Heilwirkungen werden ihr zugeschrieben: wundheilend, schmerzlindernd, krampflösend, immunisierend, blutdrucksenkend, beruhigend, blutdruckregulierend.


Mistel Frucht - Bild Leo Michels
In der Symbolik bedeutet die Mistel Schlüssel zum Unbewussten und zur Welt der Ahnen, das Gesetz von Tod und Wiederaufstehung, Glück, Freiheitsdrang. Die Blumensprache sagt: "Ich überwinde alle Hindernisse."

Die Mistel - von Charlotte de Latour

Die Mistel

Ich übersteige alle Hindernisse. Die Mistel ist ein kleines Gewächs, das auf dem Wipfel der höchsten Bäume wächst; die stolze Eiche wird ihr dienstbar und nährt sie mir seinen Säften. Die Druiden hegten eine große Ehrfurcht für eine so schwache Pflanze, weil sie der stärksten überlegen war. Der Tyrann der Eiche schien ihnen eben so furchtbar für Götter und Menschen. Sie hatten davon nachstehende Sage:

Einst sagte Balder zu seiner Mutter Freia, daß er geträumt habe, er würde sterben. Freia beschwor das Feuer, die Erze, die Seuchen, das Wasser, die Thiere, ihrem Kinde kein Leid zuzufügen, und die Beschwörungen waren auch so wirksam, daß sich ihnen keiner entgegen zu setzen wagte.

Balder ging also keck in den Kampf wider die Götter, mitten unter ihren Pfeilen, ohne sich zu fürchten. Loke, sein Feind, forschte nach dem Grunde; er verkleidete sich in ein altes Weib und ging zur Freia. „in allen Schlachten," sagte er zu ihr: „fallen Pfeile und selbst Felsstücke auf Deinen Sohn Balder, ohne daß sie ihn verletzen; woher kommt das?"

Ich glaub' es wohl, antwortete Freia: alle diese Dinge hab' ich besprochen. Nichts in der ganzen Natur kann ihm schädlich werden. Nur ein kleines Gewächs hab' ich davon ausgenommen, weil es mir zu unbedeutend schien. Es wächst auf der Rinde der Eiche, fast ohne Wurzel und ohne Erde: es heißt Mistel. Loke entfernte sich darauf und suchte dieses kleine Gewächs.

Jetzt eilte er in die Versammlung der Götter, während sie wider den unverwundbaren Balder kämpften. Schon ihre Blicke sind Pfeile. Er näherte sich dem blinden Heder. Warum kämpfest Du nicht wider Balder? fragte er. Ich bin blind, antwortete dieser: und es fehlt mir an Waffen. Loke gab ihm eine Mistel und sagte: Balder steht vor Dir! Der blinde Heder warf sie nach dem Feinde, er sank todt nieder. So wurde der unverwundbare Sohn einer Göttin durch die von einem Blinden auf ihn geschleuderte Mistel getödtet.

Daher schreibt sich die Ehrfurcht, welche die alten Gallier für dieses Gewächs hegten. (Alte Schreibweise wurde beibehalten.)

Der Blumenknabe - Gedicht Ernst Moritz Arndt

Foto: pixabay

Der Blumenknabe 

Ich ging hinaus im grünen Mai,
Ein Kränzlein wollt ich mir pflücken,
Und Blümlein bunt und mancherlei,
Sie lockten und winkten Entzücken
Und wie ich die süßen besah und besann,
Da fingen die Köpfchen zu rühren sich an
Und red'ten mit freundlichem Nicken.

Zuerst die Rose neigt ihr Haupt,
Hub an also mir zu sprechen:
Halt! rascher Knabe! ist's erlaubt,
So sorglos die Schöne zu brechen?
Vernimm erst geduldig der Wörtchen zwei, drei,
Sonst möchte im Herzen die bittere Reu'
Mit Thränen die Sterbende rächen.

Ich heiße Blumenkönigin,
Die Erstlingstochter der Liebe,
Trag stolzen Muth und hohen Sinn,
Vereint mit zärtlichem Triebe.
Und hegst du Hoheit und Treu' in der Brust,
So pflücke den Liebling der Sonne mit Lust,
So pflücke die Blume der Liebe.

Die Lilie sprach: Der Unschuld Preis
Schmückt baß denn Perlen und Seiden,
Bist innen du und außen weiß,
Wie Kindlein fromm und bescheiden;
So pflücke nur immer in Freuden mich ab,
So werde dein Busen das züchtige Grab
Der weißesten Blumen der Haiden.

Das holde Veilchen auch herfür
Das Köpfchen regte zur Sonne,
Stand da in stiller Demuth Zier
Und hauchte himmlische Wonne.
Doch was es geflüstert, vergessen ist's mir,
Die Augen mir flossen, wie Brünnelein schier
Entfließen der berstenden Tonne.

Mit ihr kam auch das Schwesterherz
Das Sinnbild heiliger Frommen,
Die Nachtviole grau, und Schmerz
Die Brust mir machte beklommen.
Was da mir geschehen, verstehe ich nicht.
Mir däuchte, ich sehe ein Engelgesicht
Mit liebenden Augen mir kommen.

Es sprach: Du siehest dein Lebensbild
In süßen, lieblichen Farben;
Denn was dem Frühling schön entquillt,
Das mähet der Sommer zu Garben.
Stets gehet und kehret der sonnige Strahl,
Doch Menschen vergehen wie Blumen im Thal
Und wie ihre lenzigen Farben.

Schau, Liebestreu und Liebeshuld,
Wie fliegt sie hin mit der Rose!
Das Kind der Demuth und Geduld
Was ziehet das Veilchen für Loose?
Die Lilie, die weiße Narcisse zugleich,
Sie liegen verwelket noch bleicher als bleich:
So schwindet das Schöne und Große.

Und weinend mußt' ich abwärts gehn,
Durft' keine Blume mir brechen;
Doch standen alle fromm und schön
Und schienen so freundlich zu sprechen.
Wann wird es im Herzen mir wieder gesund,
Wann wird mir der Maimond mit schmeichelndem Mund
Treulieb' und Blumen versprechen?

E. M. Arndt.

Der Text stammt aus dem Buch: "Taschenbuch der Blumensprache: Oder, deutscher Selam. Mit einer Anthologie aus den besten Dichtern zur Charakterisirung der Pflanzen Deutschlands" von J. M. Braun aus dem Jahr 1843

Ernst Moritz Arndt, geb. 26. Dezember 1769 in Groß Schoritz auf Rügen, damals Schwedisch-Pommern; gest. 29. Januar 1860 in Bonn, deutscher Schriftsteller und Abgeordneter der Frankfurter Nationanlversammlung.