Montag, 1. Februar 2010

Anemone

Symbol für Erwartung und Hoffnung, Enttäuschung und Vergänglichkeit, Passion Christi, Blut der Heiligen. Die Anemone wird auch Buschwindröschen, windflower, granny's nightcup, Geißemaie, Adonisblut oder Blutstropfen Christi genannt.

Kurz nach der Schneeschmelze können wir auf Wiesen und in Wäldern Teppiche aus Anemonen bestaunen. Erste Frühlingsblumen öffnen unser Herz und lösen starke Gefühle aus. Sie erzeugen Hoffnung und Liebe. Starke Kräfte scheinen in ihnen zu wohnen. Gleichzeitig symbolisiert die kurze Blütezeit der Anomone die Vergänglichkeit alles Schönen.

Der Name stammt aus dem griechischen anemos = Wind. Venus soll sie mit dem Blut von Adonis rot gefärbt haben, der Wind trägt die Blütenblätter und Samen der Anemone mit sich.

Es gibt Anemonen in vielen Formen und Farben. Die meisten Anemonen enthalten den Giftstoff Anemonol. Früher galt dieses als Zauberkraut. Zusammen mit dem Inhaltsstoff Anemonin kann es schwere Darmentzündungen hervorrufen. Nur Ziegen macht es offenbar nichts aus und die Anemone wird daher im Schweizer Volksmund auch Geißenmaie genannt.

Schenkt man Anemonen, bedeutet dies etwa: Entflamme mit deiner Eifersucht nicht meinen Zorn. Auch bedeuten Anemonen Ergebung und Mißtrauen. In England bedeuten Anemonen Verzicht, in USA Zartheit.

Anemonen

Christian Wagner (1835 - 1918)

Wie die Frauen
Zions wohl dereinst beim matten Grauen
Jenes Trauertags beisammen standen,
Worte nicht mehr, nur noch Tränen fanden;

So noch heute,
Stehen als in ferne Zeit verstreute
Bleiche Zionstöchter, Anemonen,
In des Nordens winterlichen Zonen.

Vom Gewimmel
Dichter Flocken ist er trüb der Himmel;
Traurig stehen sie, die Köpfchen hängend,
Und in Gruppen sich zusammendrängend.

Also einsam,
Zehn und zwölfe hier so leidgemeinsam,
Da und dort verstreut auf grauer Oede,
Weiße Tüchlein aufgebunden Jede.

Also trauernd,
Innerlich vor Frost zusammenschauernd,
Stehn alljährlich sie als Klagebildnis
In des winterlichen Waldes Wildnis.

Montag, 3. August 2009

Maientau von Ludwig Uhland

Maientau

Auf den Wald und auf die Wiese,
Mit dem ersten Morgengrau,
Träuft ein Quell vom Paradiese,
Leiser, frischer Maientau;
Was den Mai zum Heiligtume
Jeder süßen Wonne schafft,
Schmelz der Blätter, Glanz der Blume,
Würz' und Duft, ist seine Kraft.

Wenn den Tau die Muschel trinket,
Wird in ihr ein Perlenstrauß;
Wenn er in den Eichstamm sinket,
Werden Honigbienen draus;
Wenn der Vogel auf dem Reise
Kaum damit den Schnabel netzt,
Lernet er die helle Weise,
Die den ersten Wald ergetzt.

Mit dem Tau der Maienglocken
Wascht die Jungfrau ihr Gesicht,
Badet sie die goldnen Locken,
Und sie glänzt von Himmelslicht;
Selbst ein Auge, rot geweinet,
Labt sich mit den Tropfen gern,
Bis ihm freundlich niederscheinet,
Taugetränkt, der Morgenstern.

Sink denn auch auf mich hernieder,
Balsam du für jeden Schmerz!
Netz' auch mir die Augenlider!
Tränke mir mein dürstend Herz!
Gib mir Jugend, Sangeswonne,
Himmlischer Gebilde Schau,
Stärke mir den Blick zur Sonne,
Leiser, frischer Maientau!

Ludwig Uhland (1787 - 1862)

Blumen von Ludwig Tieck

Blumen

Blumen sind uns nah befreundet,
Pflanzen unserm Blut verwandt,
Und sie werden angefeindet,
Und wir tun so unbekannt.

Unser Kopf lenkt sich zum Denken
Und die Blume nach dem Licht,
Und wenn Nacht und Tau einbricht
Sieht man sich die Blätter senken.
Wie der Mensch zum Schlaf' einnickt,
Schlummert sie in sich gebückt.

Schmetterlinge fahren nieder,
Summen hier und summen dort,
Summen ihre trägen Lieder,
Kommen her und schwirren fort.

Und wenn Morgenrot den Himmel säumt,
Wacht die Blum' und sagt, sie hat geträumt,
Weiß es nicht, dass voll von Schmetterlingen
Alle Blätter ihres Kopfes hingen.

Ludwig Tieck (1773-1853)

Donnerstag, 23. Juli 2009

Die Tulpe

Liebeserklärung
An den Ufern des Bosphorus ist die Tulpe das Sinnbild der Unbeständigkeit, aber auch zugleich der heftigsten Liebe. Da sie die Natur auf den Fluren von Byzanz mit ihren feurigen Blättern und ihren schwarzen Pistillen erzeugt, so scheint sie dadurch sagen zu wollen: das Antlitz eines seufzenden Liebhabers wird für die gefangene Geliebte trotz allen Gittern und Riegeln, wenn sie sich ihm einen Augenblick zeigen will, in Feuer und Flammen glühen und sein Herz zu Asche brennen.

Diese Beschreibung stammt aus Karl Müchler "Die Blumensprache oder Symbolik des Pflanzenreiches" nach dem französischen von Charlotte de Latour in einer Ausgabe aus dem Jahre 1820.

Die Tulpe gehört zu der Familie der Liliengewächse. Sie blüht im Frühjahr von April bis Mai. Ihre Bedeutung in der Symbolik: Glück, fruchtbares Leben, vollkommene Schönheit und Liebe als Geheimnis des Ewigen.

Schenkt man einen Tulpenstrauß, kann man mit diesem ausdrücken wollen: Du bist zu keiner echten Empfindung fähig.

Die Tulpe
Andre mögen andre loben,
Mir behagt dein reich Gewand,
Durch sein eigen Lied erhoben
Pflückt dich eines Dichters Hand.

In des Regenbogens sieben
Farben wardst du eingeweiht,
Und wir sehen, was wir lieben,
An dir zu derselben Zeit.

Als mit ihrem Zauberstabe
Flora dich entstehen ließ,
Einte sie des Duftes Gabe
Deinem hellen, bunten Vlies.

Doch die Blumen all, die frohen,
Standen nun voll Kummers da,
Als die Erde deinen hohen
Doppelzauber werden sah.

"Göttin! o zerstör uns wieder,
Denn wer blickt uns nur noch an?"
Sprach's die Rose, sprach's der Flieder,
Sprach's der niedre Thymian.

Flora kam, um auszusaugen
Deinen Blättern ihren Duft:
"Du erfreust", sie sagt's, "die Augen,
Sie erfreun die trunkne Luft".

August Graf von Platen (1796-1835)

Blumen von Stefan George

In märzentagen streuten wir die samen
Wann unser herz noch einmal heftig litt
An wehen die vom toten jahre kamen
Am letzten kampf den eis und sonne stritt.

An schlanken stäbchen wollten wir sie ziehen
Wir suchten ihnen reinen wasserquell
Wir wussten dass sie unterm licht gediehen
Und unter blicken liebevoll und hell.

Mit frohem fleisse wurden sie begossen
Wir schauten zu den wolken forschend bang
Zusammen auf und harrten unverdrossen
Ob sich ein blatt entrollt ein trieb entsprang.

Wir haben in dem garten sie gepflückt
Und an den nachbarlichen weingeländen
Wir wandelten vom glanz der nacht entzückt
Und trugen sie in unsren kinderhänden.

Stefan George, 1868 - 1933